Datenwirtschaft, Datenpolitik und Datenregulierung in der Schweiz

Am 30. Januar 2017 fand in Bern eine Veranstaltung zu den erwähnten Themen statt, Thematisiert wurden v.a. die Rahmenbedingungen und Überlegungen, Strategien und Handlungsoptionen von Bund, Unternehmen und dem Einzelnen. Organisiert wurde die Veranstaltung von SwissHoldings, einer Interessenorganisation grosser Handels- und Industrieunternehmen, unter der Federführung des ehemaligen KRM Mitgründers Jacques Beglinger. Die Veranstaltung war ausgebucht, das Interesse entsprechend gross.

Agenda:

  • Datenbewirtschaftung als ökonomischer Motor – Herausforderung und Praxis in den Unternehmen
  • Wie die Digitalisierung und die Datennutzung international reguliert werden
  • Ansätze zur Digitalierungs- und Datenregulierung in der Schweiz

Anwesend waren sehr viele Juristen und Vertreter des Bundes sowie von Forschung und Lehre.

Vieles während dieser Veranstaltung „in the cloud“ (den Begriff nebulös wollen wir mal hier bei Seite lassen). Tatsächlich bewegten sich vor allem die Vertreter des Bundes auf einer Flughöhe, die man also normaler Schmalspurpilot wohl nie erreichen wird. Immerhin gibt es vom Bund seit 2016 ein Strategiepapier zum Thema Digitale Schweiz, welches durchaus lesenswert ist.

In einem geopolitischen Umfeld, welches primär durch Abschottung geprägt ist (der Economist hatte vor ca. 3 Jahren den Begriff der „Balkanisierung“ des Internets ins Spiel gebracht), wird es zunehmend schwieriger, eine konsistente Handlungsweise zu etablieren. Konsistent – aber womit, dass ist doch die Kernfrage. Jene, welche die Übernahme des Datenschutzrechts der EU massregelten, mussten zur Kenntnis nehmen, dass selbst das Privacy Shield Abkommen durch Hrn. Trump in Frage gestellt wird. Im übrigen wurde durch den Bund soeben die CH-Version des Privacy Shield verabschiedet.

Soll sich die Schweiz hier einfach den Datenschutz-Vorgaben der EU fügen? Hier hätte man sich eine intensivere Diskussion gewünscht. Ebenso zur Grundsatzfrage, ob Datenschutz überhaupt noch eine Menschenrecht sein soll. Fakt ist, dass sich heute vermutlich 80% aller Benutzer über den Datenschutz keine Gedanken machen. Die Europaratskonvention 108, welche eben dieses Recht stipuliert, ist der wesentliche Treiber, doch blockiert hier z.B. Russland seit 2011 die weitere Entwicklung (also doch eher eine „l‘art pour l‘art“ Diskussion?). Ansonsten war Datenschutz Bashing wie immer beliebt. Das hat vor allem damit zu tun, dass die negativen Auswirkungen auf den Einzelnen noch nicht eingetreten sind, auch das wurde leider nicht thematisiert.

Für den normalen Industrievertreter war es ein schwieriger Abend. Die Themen, die wirklich interessant gewesen wären (z.B. die Frage nach Daten im Konkurs) wurden nicht beantwortet, bzw. offenbar nicht einmal thematisiert. Ausserdem fehlt dem Bund tatsächlich eine rechtliche Landkarte, welche Themen für die Wirtschaft wirklich Handlungsbedarf besteht. Immerhin hat der Bund einen Bericht zu den Rahmenbedingungen der digitalen Wirtschaft publiziert, allerdings handelt es sich dabei bisher eher um einen Auftragskatalog. Darin gibt es einen Auftrag an das SECO, die Rahmenbedingungen der Digitalisierung zu prüfen („Digitalisierungstest“). Dazu lässt man sich bis 2018 Zeit! Würde man die Praktiker fragen, hätte man die Antwort in einer Woche. Auch nicht klar wurde die Haltung gegenüber den Monopolanbietern Uber und Co. Hier könnte man erwarten, dass es seitens des Bundes zumindest Überlegungen gibt, wie man eine Monopolisierung dieser Märkte verhindern könnte.

Fazit: Während sich der Bund in einsame Höhen schraubt, bleibt dem dem normalen Industrievertreter oder dem Praktiker nur das Staunen. Es scheint sich zu bewahrheiten, dass die Beamten in Bern je länger je mehr von der Wirtschaft entkoppelt sind. Es wird wohl langsam Zeit, dass hier wieder ein Umdenken stattfindet. Den Lobbyisten im Parlament sei geraten, das Thema einfach und klar zu kommunizieren und sich wieder auf die Grundlagen zurück zu besinnen. Vor allem ein Blick in die Wirtschaft wäre wünschenswert. Es gibt mittlerweile genügend Spezialisten, die sich tagtäglich mit diesen Themen auseinandersetzen.

PS: Die Geschäftsbücherverordnung wurde Ende der neunziger Jahre durch Industrievertreter, d.h. eine Kommission des Swico erarbeitet. Ein Vorgehen, welches heute schlicht undenkbar wäre.

PPS: Politiker waren fast keine da (ausser dem umtriebigen SR Noser, welcher die Begrüssungsrede hielt), auch dies ist keine neue Erfahrung. An der Politik geht die grösste Entwicklung seit der Erfindung des Flugzeugs vorbei. Milchzuschläge können vermutlich noch immer 100x mehr Politiker aus dem Vorruhestand bewegen als die unmittelbare Zukunft der Schweizer Wirtschaft.

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